01.04.2003
Zur
Premiere des Musicals „Les Misérables“ am Anhaltischen Theater
Dessau
Rezensiert
von Dieter Beer
Einhellige
Begeisterung und großer Jubel herrschten am -Anhaltischen Theater Dessau,
zur Premiere des Musicals „Les Misérables" von A|ajn Boublil und
Claude-Michel Schönberg (Gesangstexte: Herbert Kretzmer).
Dieses monumentale Werk basiert auf dem gleichnamigen
Roman von Victor Hugo und schlägt inhaltlich einen Bogen von 1815 bis zur
Niederschlagung des Pariser Aufstands 1832.Erzähft wird darin das
bewegende Schicksal des ehemaligen Sträflings Jean Valjean, der ein neues
Leben beginnt, viel Gutes stiftet und immer wieder unbarmherzig gejagt
wird von Polizeiinspektor Javert Der Text und die wunderbar eingängige,
Musik, bilden eine, grandiose Einheit. So kam, ein überaus, wirkungsvolles
Bühnenstück zustande, das den Interpreten viel abverlangt. Es gibt,
abgesehen von den eigens dafür gebauten kommerziellen Musicalbühnen,
zurzeit nur sehr wenige Theater, die dieses in jeder Hinsicht aufwändige
Stück spielen. Nach seiner hervorragenden Einstudierung Operhaus Chemnitz
(Regie; Michael Heinicke), die dort schon bald zwei Jahre mit großem
Erfolg auf dem Spielplan steht, wird man nun auch der Dessauer Aufführung
hohes Lob zollen. Das Anhaltische Theater hat seine
Leistungsfähigkeit damit sehr nachhaltig und überzeugend bewiesen.
Das aus den Solisten und den Damen und Herren des
Opernchores und des Extrachores (Einstudierung: Markus Oppeneiger)
bestehende, durch hochkarätige Gäste verstärkte großartige Ensemble ist
spürbar an dieser anspruchsvollen Aufgabe gewachsen. Was sich
ausgezahlt hat, ist vor allem auch die Tatsache, dass Künstler
verpflichtet wurden, die bereits Erfahrungen mit dem Werk sammeln konnten.
So der in unseren Breiten gut bekannte Regisseur der Dessauer Aufführung,
Ulf Reiher, der als Intendant dem Landestheater Detmold versteht. Seine
atmosphärisch dichte, stimmungsintensive, mitreißende Inszenierung, die
unterstützt wird durch eine die gesamte riesige Bühne einbeziehende
treffliche Ausstattung (Bühnenbild: Walter Perdacher / Kostüme: Cordula
Stummeyer) fasziniert durch eine eindringliche Personenregie ebenso wie
durch aussagekräftige Bilder, die einen schnellen Szenenwechsel
garantieren. Bravourös bedienen gleichfalls Robert
Hanell und die Anhaltische Philharmonie die musikalische Seite der
Aufführung. In der Hauptrolle des Jean Valjean
brilliert der exzellente polnische Musicaldarsteller Jerzy Jeszke, der
diesen Part bereits mehr als 600 mal in Duisburg verkörpert hat. Jeszke
dringt tief in die Figur ein, verlebendigt sie in höchstem Maße und
erreicht ebenso den Zuschauer emotional durch vorbildlichen gesanglichen
Ausdruck. Kostadin Arguirov aus dem Dessauer Ensemble als Polizeiinspektor
Javert ist ihm ein starker Widerpart. Beiden gelingen, bei guter
Textvermittlung, einprägsame Rollengestaltungen. Besondere Hervorhebung
verdienen ebenso die phantastischen Frauen – Anna Baranowska (Fantine),
Christina Gerstberger (Cosette) und Kristina Baran (Eponine) -, die sich
in stimmlich bester Verfassung präsentierten. Pavel Safár war ein
komödiantisch bewegter schlitzohriger Thénardier, mit einer effektvollen
Hildegard Wiczonke als Madame Thénardier an seiner Seite. Weiterhin
stachen der von Peter Diebschlag beeindruckend gesungene Marius sowie der
Revolutionär Enjolras von Kai Bronisch dank individueller Ausstrahlung
hervor.
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